Eröffnung: Freitag, 09.09.2022, 19 Uhr
Global agierende Riesenkonzerne wie Shell, die Mudanjiang City Farm im Nordosten Chinas mit 100.000 Milchkühen und Nestle stehen hier im Zentrum eines kritischen Hinterfragens. Wenn Freund auch hier, wie generell in seiner Arbeit Fragen wichtiger sind als Antworten, geht es hier doch auch um Einschätzung. Das ist auch ein Angebot an uns als Betracher*innen. Freund übt Kritik an Kapitalismus und Neoliberalismus.
Dass diese nicht vordergründig und platt daherkommt, ist eine Qualität seiner Kunst. „Ärger im Paradies“ heißt ein Buch des Laibacher Philosophen Slavoj Zizek. Dass es nicht nur wegen der aktuellen Krisen ungemütlicher geworden ist, ist auch Robert Freund bewusst.
Die andere Qualität seiner Kunst ist das Malen selbst. In lasierenden Schichten aufgetragen lässt er seine Geschichten auf der Leinwand entstehen, ist offen für das, was passieren wird. Es hilft ihm dabei sein breites Wissen über die Geschichte der Malerei, die Kenntnis derer ikonografischer Vorgaben und wohl auch seine Phantasie, seine Neigung zum Phantastischen, ja und natürlich seine Begabung. Dass er mit seiner Malerei dabei die Wirklichkeit verrät, ist fies. Fies deshalb, weil er die Betrachter*innen herausfordert, ob sie wollen oder nicht. Robert Freund bleibt aber auch der Geschichtenerzähler. In inszenierten, gerne großformatigen Bildräumen eröffnet er für sich wie für die Betrachter *innen assoziative Geschichten zum Weiterdenken. Die oft rätselhaften Hintergründe dieser neuen Realitäten interessieren ihn dabei mehr als die reale Dingwelt. Die Geschichten sind auch nie linear. Hier wird nicht in einem literarischen Sinn erzählt. Als Maler nützt Freund die Chance der Gleichzeitigkeit des Bildes. Kunsthistorische Laden lassen sich im „Magische Realismus“ und in der „Neuen Sachlichkeit“ finden. Aber das ist eigentlich egal.
Wichtig ist, dass das Referenznetz des Malers ein so dichtes wie komplexes ist. Robert Freund schöpft vor allem aus der Popkultur, aus Film, Philosophie und Musik. Dahingehend in den 1990er Jahren als Student sozialisiert sind das bis heute nachwirkend der Post-Rock der britischen Band „Radiohead“ und dessen epochemachendem Meisterwerk „OK. Computer“ von 1997. Radiohead vertonen ihr Interesse für surreale Kunst und Science Fiction, ihre Kapitalismuskritik, sangen von Entfremdung und Identitätsängsten, erkennen die Bewusstseinskontrolle der Massenmedien. Sie haben sich aber auch konsequent gegen die Mechanismen des Marktes gestellt und darauf hingewiesen, wie die Globalisierung das Individuum zum ökonomischen Objekt degradiert.
“Fitter happier
More productive
Comfortable
Not drinking too much
Regular exercise at the gym (3 days a week).”
Heißt es in “Fitter happier“ aus dem oben erwähnten Album.
Das treibt auch Robert Freund. Seine Strategie dagegen ist Langsamkeit und Sorgfalt. Die Bilder Robert Freunds – die Zeichnungen wie die Gemälde – sind voller ikonografischer Geheimnisse und brauchen deshalb Zeit. Das gilt für den Schaffensprozess des Künstlers wie für die Rezeption der Betrachterinnen und Betrachter. Was zu erkennen ist, und ich beobachte Freunds Arbeit nun doch schon einige Jahre, ist ein Rückzug greller, poppiger Farben der Akademiejahre zugunsten eines zurückhaltenden Kolorits. Das und eine gelebte Zeitgenossenschaft hinter die Dinge zu schauen – … – ist auch seine grundsätzliche künstlerische Haltung, die, so kann man schon jetzt mit Sicherheit sagen, sein Werk in die Zukunft weitertragen wird. Wir dürfen gespannt sein, was da noch kommen wird. Denn: „Wer die Möglichkeit kennt, dem wird die Wirklichkeit niemals genügen.“ (Robert Musil.)
Text: Günther Moschig, August 2022
Robert Freund
geboren 1981 in St. Johann in Tirol, lebt und arbeitet in Tirol.
Ausbildung: 1996–2000 Glasfachschule HTL in Kramsach/Tirol; 2000–2002 Aufbaulehrgang für Kunsthandwerk und Design in Kramsach/Tirol;
2002–2007 Akademie der bildenden Künste Wien bei Hubert Schmalix, Amelie von Wulffen und Peter Dressler.
Ausstellungen (Auswahl): 2022 Sichtbar Verborgenes (solo), Kunstforum Kramsach; 2020 Ankäufe der Stadt Innsbruck 2020, Plattform 6020, Innsbruck; 2020 Ausblick in die Tiefe (solo), Stadtgalerie Wetzlar (D); 2019 Robert Freund (solo) Plattform 6020, Innsbruck; 2019 Das Wachstum der Regenwürmer (solo), Kunstforum Kramsach; 2018 25 Jahre Galerie Schmidt, Galerie Schmidt, Reith im Alpbachtal; 2018 Voyage à contre-courant, parallel vienna; 2017 Robert Freund (solo), Galerie Goldener Engl, Hall in Tirol; 2016 Von geheimnisvoller Schönheit. Zeitgenössische figurative Positionen; Osthaus Museum, Hagen (D); 2015 viennacontemporary, Galerie Schmidt Reith i.A.; 2013 Coming Up, Galerie Goldener Engl mit Unterstützung der Klocker Stiftung, Hall in Tirol.
Preise: 2006 Georg Eisler Preis – Förderpreis für junge Maler; 2006 Bank Austria Kunstforum Wien (Nominierung); Walter Koschatzky Kunst-Preis – International Art Award (mehrmalige Nominierungen)
Sammlungen: Kupferstichkabinett, Akademie der bildenden Künste Wien, MUSA – Museum der Stadt Wien, Land Tirol, Stadt Innsbruck, Stadt Wetzlar
Die Ausstellung ist bis zum 25. September zu sehen und kann an zwei Samstagen, den 17. und dem 24. September zwischen 12.00 und 16.00 Uhr sowie nach Vereinbarung besichtigt werden